Labor Entwicklungspolitik Neue Forme(l)n für neue Zielgruppen der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit

Nachhaltigkeits-Glücksräder

 

 

 

Versuchsaufbau

 

Hintergrund

Dorffeste sind eine gute Möglichkeit die Zielgruppe der ländlichen Bevölkerung anzusprechen, da dort viele Menschen zusammen kommen. Vor Ort ist zudem meist eine ausgelassene und gute Stimmung, die Menschen kommen mit Zeit und sind offen für neue Impulse. Da wir die Zielgruppe der ländlichen Bevölkerung durch spezielle entwicklungspolitische Seminare, die zudem meist in den Städten stattfinden, nicht erreichen, bieten sich Dorffeste sehr gut für entwicklungspolitische Bildungsarbeit an.

In unserem Versuch waren wir auf dem dreitägigen Schlehenfest in Denkendorf aktiv. Das Feste war bei sonnigem Wetter sehr gut besucht von den BewohnerInnen des Ortes sowie angrenzender Gemeinden. Es waren viele Familien mit Kindern aber auch ältere Personen unterwegs auf dem Festgelände.

 

Schritt 1 – Aktionsidee entwickeln

Auf den Planungstreffen mit den FestorganisatorInnen in Denkendorf wurden der Bedarf und die Wünsche der VeranstalterInnen zusammengetragen sowie Ideen unsererseits vorgestellt. In einem gemeinsamen Diskussions- und Abstimmungsprozess stellte sich heraus, dass sowohl Glücksräder als auch eine Rallye über das Festgelände besonders gewünscht sind. Da sich während des Dorffests viele Familien und Kinder oft über mehrere Stunden auf dem Festgelände aufhalten, wäre es schön eine Möglichkeit der Unterhaltung zu schaffen, die zudem dafür sorgt, dass die BesucherInnen über das komplette Gelände flanieren.

 

Schritt 2 – Material entwickeln

Wir entschieden uns daher den Wunsch nach Glücksrädern und den Wunsch nach einer Rallye zu kombinieren. Es sollten deshalb drei Glücksräder konzipiert werden, die miteinander verbunden sind. Aus der Akteurs-Runde kam die Idee auf eine Stempelkarte zu entwerfen, die die BesucherInnen an jedem Rad ausfüllen lassen können. Als Gewinn für alle drei Stempel erhalten sie dann einen kostenfreien Luftballon am Stand des Partnerstadtkomitees. An diesem Stand wird ein Luftballonwettbewerb angeboten, der sonst kostenpflichtig ist. Mit dem Komitee sprachen wir daher ab, 250 Luftballons abzukaufen, die sie dann gegen ausgefüllte Stempelkarten kostenfrei herausgeben können. Dadurch wird der Anreiz erhöht tatsächlich alle drei Glücksräder anzusteuern. Gemeinsam mit den FestorganisatorInnen vereinbarten wir die Standpunkte der drei Räder, um zu garantieren, dass das gesamte Festgelände abgelaufen wird, wenn man die Glücksräder ansteuert. 

Schritt 3 – Material gestalten

Glücksräder sind als Medium bereits gut bekannt und oft auch auf Straßenfesten präsent. Meist gewinnt man beim Drehen direkt etwas. Wir wollten diese bekannte Logik durchbrechen und die Glücksräder anders gestalten, damit sie auffallen und als innovativ wahrgenommen werden. Aus diesem Grund entschieden wir uns eine Rätselstufe einzubauen, d.h. nachdem die BesucherInnen gedreht haben, wartet nicht gleich ein Gewinn auf sie sondern ein Rätsel/ eine Aufgabe. Alle drei Räder sollten unterschiedlich gestaltet sein, um Abwechseln zu garantieren und die Neugierde groß zu halten. Zu Beginn wählten wir drei Themen für die Glücksräder aus: Eines zum Thema Ressourcenverbrauch, eines zu Spiel und Sport und ein drittes zur Reise unserer Lebensmittel. Die Themen passten zu den gewählten Standorten: Das Sport-Rad sollte auf der Spielewiese stehen und von Jugendlichen des Jugendclubs Focus betreut werden; das Lebensmittel-Rad wurde von der katholischen und evangelischen Gemeinde betreut, die auch fair gehandelten Lebensmittel auf dem Dorffest verkaufen; das Ressourcen-Rad sollte als Auftakt im Eingangsbereich des Festgeländes stehen und wurde von finep betreut.

Rad 1: Dieses Rad beschäftigt sich mit dem Thema Ressourcenverbrauch. Auf jedem Feld befindet sich ein Bilderrätsel zu entwicklungspolitischen Themen. Diese entwicklungspolitischen Bildungsthemen sind (vom Rad oben im Uhrzeigersinn): „Waldabholzung“ (Info zu Sojaanbau z.B. in Brasilien und Abholzung), „Kaffeebauer“ (Fair gehandelter Kaffee, den es auch ersten Mal auf dem Schlehenfest gab), „Luftverschmutzung“ (CO2-Emissionen und Luftverschmutzung, z.B. durch Verkehr), „Transportwege“ (Transportwege von Lebensmitteln und dem Vorteil regionaler Erzeugnisse), „Menschenrechte“ (Arbeitsrechte, z.B. für unsere Produkte), „Rohstoffverbrauch“ (Hintergründe zur Info, dass wir drei Planeten bräuchten, wenn alle gemäß unserem Lebensstil leben würden), „Müllberge“ (Lebensmittelverschwendung), „Wasserverbrauch“ (z.B. virtuelles Wasser).

Jedes Feld wird durch eine Information zum Schlehenfest in Denkendorf eingeleitet, um so lokale und globale Themen zu verknüpfen. So werden z.B. die Dimension des Wasserverbrauchs des Festes 2014 oder die erstmalige Ausschenkung fairen Kaffees 2015 angesprochen.

 

Themenrad Ressourcenverbrauch

 

Rad 2: Thematisch geht es um verschiedene Dimensionen von Sport und Spiel. Auf jedem Feld befindet sich ein Worträtsel zu entwicklungspolitischen Themen. Diese Bildungsthemen sind (vom Rad oben im Uhrzeigersinn): „Verein“ (Info zu Sportvereinen als globales Phänomen), „Land“ (Pakistan-Info, als das Land, in dem die meisten Fußbälle genäht werden), „Geld“ (Lohnanteil des/der Arbeiters/in, z.B. bei der Fußballproduktion), „Trikot“ (Arbeitsbedingungen in der globalen Textilproduktion), „China“ (Förderung des Fußballs in China, um an die westliche Sportart anzuschließen), „Bahn“ (Übergewicht durch unsere Konsumgewohnheiten und lokaler Förderprogramme das Problem anzugehen, z.B. durch kostenlose Bahn-Tickets im Gegenzug für 10 Kniebeugen in Mexiko). „Kinder“ (Ausbeuterischer Kinderarbeit und deren Dimensionen), „Ball“ (fairen Herstellung von Bällen u. positiven Effekten des Fairen Handels).

 

Themenrad Spiel und Sport

 

Rad 3: Dieses Rad fokussiert die Themen Essen und Trinken. Auf den vier Feldern finden die BesucherInnen Weltkarten mit einem hervorgehobenen Land. Zwischen den Feldern befinden sich vier Produkte. Dem/Der BesucherIn wird die Aufgabe gestellt rauszufinden welches Land, am meisten von dem jeweiligen Produkt produziert. Hierbei können sie auswählen zwischen dem Land links oder rechts. An jedes Feld schließt sich eine entwicklungspolitische Information an. Diese entwicklungspolitischen Bildungsthemen sind (vom Rad oben im Uhrzeigersinn): Vanille gehört zu Madagaskar, Erdöl gehört zu Saudi-Arabien, Kaffee gehört zu Brasilien, Bananen gehören zu Indien.

 

Themenrad Essen und Trinken

 

Schritt 4 – Produktion der Glücksräder

Die Rätsel wurden von unserer Grafikerin entworfen und mit uns abgestimmt. Online fanden wir einen Anbieter, der selbstständig Glücksräder produziert und diese aus nachhaltigem Holz selbst zusammen baut. Er übernimmt auch komplett das Bekleben der Holzscheiben in Kooperation mit einer lokalen Druckerei. Durch seine Vorgaben konnten wir, in Absprache mit der Grafikerin, die Glücksrad-Scheiben, layouten und ihm als Datei zur Verfügung stellen. Er baute und beklebte die Glücksräder anschließend und sendete sie uns zu.

 

Ansicht Lebensmittel-Glücksrad  Ansicht Sport-Glücksrad  Ansicht Ressourcen-Glücksrad
     

 

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