Labor Entwicklungspolitik Neue Forme(l)n für neue Zielgruppen der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit

Methode: Casual Learning for Sustainability

Warum Casual Learning?

Entwicklungspolitische Bildung möchte möglichst viele Menschen für globale Themen sensibilisieren und zu alternativem Handeln anregen. Oft spricht sie aber vor allem Interessierte und Vorinformierte an. Wie können wir neue gesellschaftliche Gruppen mit unseren Themen erreichen?


alle Grafiken © Fotolia / strichfiguren.deDafür sind neue Bildungsformate und Methoden nötig. Denn nicht alle Menschen sind gleich und fühlen sich auf dieselbe Weise und an den gleichen Orten angesprochen. Hier setzt „Casual Learning for Sustainability“ an. Der Bildungsansatz wurde von finep entwickelt und richtet sich an Menschen, die übliche entwicklungspolitische Formate wie Veranstaltungen, Mitmachaktionen, Flyer und Broschüren nicht in Anspruch nehmen.


Casual Learning beschreibt einen menschlichen Prozess: Wir alle nehmen im Alltag permanent Informationen auf und lernen so ganz nebenbei – eben casual. Zugleich ist Casual Learning eine Methode, diesen Prozess durch kurze, passgenaue Botschaften an den richtigen Orten zu nutzen. Dabei schöpft Casual Learning aus den Erfahrungen von Werbung und Marketing und passt diese für die entwicklungspolitische Bildungsarbeit an. So kann die Methode entwicklungspolitischen Organisationen helfen, ein neues Publikum zu erreichen und klassische Bildungsformate zu ergänzen.


Die Casual-Learning-Formel:

neue Bildungsorte + ungewöhnliche, interaktive Formate + passende Botschaften                      
= Casual Learning
 

Was macht Casual Learning anders?



Neue Bildungsorte entdecken:  

Mit Casual Learning sprechen wir Menschen genau dort an, wo sie sich ohnehin aufhalten. Es trägt unsere Botschaften direkt zur Zielgruppe und wartet nicht darauf, dass diese zu unseren Veranstaltungen kommen. Warum nicht einmal entwicklungspolitische Bildung in einem Waschsalon platzieren? Oder auf einem Wanderrastplatz, im Hotel, Stadtpark oder Fitnessstudio, in einem Restaurant oder auf einem Dorffest? Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt.


An diesen Orten haben wir bisher Casual-Learning-Experimente durchgeführt.

Ungewöhnliche und interaktive Formate entwickeln:

Neue Orte verlangen oft auch eine andere Form der Ansprache.  
Dies gilt vor allem für die benutzten Materialien. Wer möchte schon eine Broschüre lesen, wenn er sich mit Freunden in einer Bar trifft? Stattdessen werden Dinge eingesetzt, die Menschen in dieser Situation ohnehin benutzen. Warum nicht eine Serviette mit einer entwicklungspolitischen Information gestalten? Oder Wasserflaschen in Fitnesscentern, Umschläge für Bahnfahrkarten, Regenschirme bei herbstlichem Wetter, Bierdeckel in Bars oder Geschenkaufkleber für Weihnachtsgeschenke? Solche Gegenstände werden bisher kaum für entwicklungspolitische Bildungsaktionen genutzt. Dabei können sie helfen, entwicklungspolitische Informationen passgenau in den Alltag der Zielgruppe zu bringen, etwa durch versteckte Inhalte, Rätsel oder spielerische Elemente. Mit Casual Learning kann entwicklungspolitische Bildung in Alltagssituationen neugierig machen und so gegen die Flut anderer Informationen bestehen.

Die passende Botschaft finden:

Um die Aufmerksamkeit der Zielgruppe zu erreichen, müssen die Formate und die Inhalte zur Situation passen. Nützliche Materialien mit direktem Bezug zur Situation bleiben im Gedächtnis, etwa zum Thema Ernährungssicherheit im Restaurant oder zum Thema Biodiversität im Stadtpark.

Viele Menschen wollen sich im Alltag, zum Beispiel in einem Café, nicht  ausgiebig mit langen Texten beschäftigen. Hier können wir mit einer Bildungsaktion keine große Informationsfülle vermitteln, aber Interesse am Thema wecken. Dazu müssen Grundidee und zentrale Aussage innerhalb weniger Sekunden zu verstehen sein. Wenige Sekunden, um klarzumachen, um welches entwicklungspolitische Thema es geht und wie der Adressat zur Lösung beitragen kann.

Die Botschaft muss also kurz und leicht verständlich sein. Das umso mehr, als oft nur wenig Platz zur Verfügung steht. So passen etwa auf eine Serviette nur wenige Sätze. Es kommt also darauf an, die zentralen Aspekte eines Themas mit wenigen Worten und Bildern darzustellen.

Entwicklungspolitische Themen können dabei nicht in aller Breite dargestellt werden. Mit Casual Learning werden sie jedoch erstmals ins Blickfeld neuer Zielgruppen gerückt. Dies ist das eigentliche Verdienst dieser Methode.

Bei aller gebotenen Kürze der Botschaften ist jedoch wichtig: Casual Learning sollte nicht „Bildung light“ sein und ein Problem einseitig oder verkürzt darstellen. Auch muss man nicht grundsätzlich darauf verzichten, komplexe Sachverhalte darzustellen. Die Herausforderung besteht darin, Sachverhalte kompakt zu präsentieren, ohne sie zu verfälschen. Casual Learning sollte korrekte Informationen vermitteln und neugierig machen auf mehr.

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