Labor Entwicklungspolitik Neue Forme(l)n für neue Zielgruppen der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit

Spot Paul vs. Baum

 

 

 

Versuchsvorbereitung

 

Hintergrund

In den letzten paar Jahren tauchten an immer mehr Orten unseres alltäglichen Lebens Fernsehbildschirme auf,  sei es in Bars, U-Bahnstationen, an Straßenkreuzungen, in Schaufenstern oder Fitnessstudios. Multimediainhalte werden an allen möglichen Orten gesendet. Die Bildschirme werden bisher meist für Firmenwerbung verwendet. Mit dieser Aktion wollen wir zeigen, dass diese neuen Informationskanäle auch für entwicklungspolitische Bildung genutzt werden können. Da solche Bildschirme oft an Orten zu finden sind, wo sich Leute in Bewegung befinden, wählten wir nachhaltige Mobilität als Thema.

Unserer Zielgruppe ist individuelle Mobilität sehr wichtig und sie lieben Autos. Natürlich sind öffentliche Verkehrsmittel und Fahrradfahren gute Alternativen. Aber auch wer beim Auto bleiben will, kann durch Wahl eines emissionssparenden Elektro-, Hybrid- oder Ökowagens zum Umweltschutz beitragen. Diese ermöglichen individuelle Mobilität und sind zumindest umweltfreundlicher als konventionelle Autos. Als neuer Trend in der Automobilbranche haben sie gar einen exklusiven Status. Mit unserem Spot zeigten wir diese Option zur Veränderung des persönlichen Verhaltens auf.

Natürlich kann die öffentliche Werbung auf Bildschirmen auch für eine große Anzahl anderer entwicklungspolitischer Themen genutzt werden. Welches Thema der Spot auch immer hat, es ist besonders wichtig ihn in hoher Qualität zur produzieren. JMP sind professionelle und hochwertige Medieninhalte gewohnt. Filme von schlechter Qualität kommen bei ihnen nicht gut an -  nicht aufgrund des Inhalts, sondern wegen der amateurhaften Umsetzung.

 

Schritt 1 – Was wollen wir machen?

Zu Anfang steht die Erstellung eines Skripts bzw. Handlungsrahmens. Dazu muss entschieden werden, welches Thema und welche Botschaft vermittelt werden sollen sowie welchen Stil der Spot haben soll  – ein Comic, animiert oder ein Film mit echten SchauspielerInnen, etc. Auch sehr wichtig ist die Frage, wo der Spot ausgestrahlt werden soll: im Kino kann Ton abgespielt werden und Spots sind verhältnismäßig lang, jedoch ist die Zahl der Zuschauer limitiert. Hingegen hat ein öffentlicher Bildschirm (wie in einer U-Bahn oder an einer Straßenkreuzung) zwar keinen Ton und der Spot muss verhältnismäßig kurz sein, jedoch ist die Zahl der Zuschauer deutlich höher.

In diesem Rezept entschieden wir uns für einen Spot für öffentliche Bildschirme. Deshalb musste unser Spot stumm und kurz sein, mit weniger als einer Minute Laufzeit. Wir wollten reale Personen, die die Rollen eines Modernen Performer spielen. Aus diesen Ideen entwickelten wir einen ersten kurzen Entwurf des Skripts.

 

Schritt 2 – FilmstudentInnen kontaktieren

Jetzt mussten wir uns auf die Suche nach einem Filmteam begeben. Professionelle Agenturen und Filmgesellschaften sind sehr teuer und liegen damit außerhalb unsere kleinen Budgets. Aber es gibt andere Wege, kreative und professionelle Leute zu gewinnen:

1. Filmakademien kontaktieren und herauszufinden, an wen man sich wenden muss. Oft haben Medienakademien ein Schwarzes Brett oder reguläre Arbeitsgruppen, wo Filmjobs den Studierende angeboten werden können.

2. via YouTube nach Filmprojekten suchen und so kreative Studierende oder Kameraleute finden. Zum Ende der Spots sind häufig Name und Kontakt des Urhebers zu sehen. So fanden auch wir einen Regisseur, dessen Stil uns gefiel.

 

Schritt 3 – Das Drehbuch für den Film schreiben

Weil die Erfahrung des Regisseurs den Spot bereichern kann, ist es sinnvoll sich gemeinsam mit ihm eine grobe Skizze der Handlung zu überlegen.

In unserem Fall handelte die Story von einem Baum und einem Autofahrer, die zusammen ein paar Schwierigkeiten haben. Der Moderner Performer ´Paul` fährt jeden Morgen mit seiner großen Limousine zur Arbeit. Als er auf dem Parkplatz seiner Firma stoppt, parkt er auf seinem persönlichen Parkplatz unter einem großen Baum und steigt aus dem Auto – es ist ein sonniger Tag, er nimmt einen tiefen Atemzug und lächelt. Er trägt einen Anzug und ist bereit „die Geschäftswelt zu erobern“. Plötzlich bekommt er von einem Ast des Baumes einen harten Klaps. Ernsthaft verwirrt sieht er sich um, um herauszufinden woher der Schlag kam und sieht nur einen Baum vor sich. Der Baum jedoch bewegt sich nicht und sieht vollkommen unschuldig aus, als ob er sagen würde: “Was siehst du mich an? Ich war es nicht“. Irritiert und an seinem eigenen Verstand zweifelnd, macht er sich auf den Weg zu seinem Büro.

Dann sehen wir Paul in schnellen Szenen, wie er an unterschiedlichen Tagen beim Aussteigen aus seinem Wagen einen Klaps bekommt, wieder und wieder. Er probiert verschiedene Schutzstrategien aus, wie seine Arme zur Abwehr zur rechten Seite zu halten, bekommt aber dann einen Schlag von links, etc. Mit der Zeit bekommt er wirklich Angst vor dem Baum ,was auch an seiner Erscheinung deutlich wird. Seine Krawatte sitzt locker, er ist unrasiert und bekommt dunkle Ringe unter den Augen. Während dieser Szenen stößt Pauls große Limousine eine Menge Abgase aus dem Auspuff. Im Anschluss zoomt eine Animation von dem qualmenden Auspuff der Limousine ins Weltall, um die Welt als Ganzes zu zeigen. Eine Wolke aus Smog verdunkelt von Norden nach Süden reichend den Globus. Dieses Bild zeigt symbolisch, dass die in den Industrieländern verursachten Emissionen Auswirkungen haben auf den globalen Süden.

Schlussendlich, fährt Paul mit einem neuen Ökoauto auf den Parkplatz. Nervös steigt er aus, aber statt eines Schlags bekommt er nur einen aufmunternden Klaps auf die Schulter und geht zutiefst erleichtert davon. Nun folgt wieder eine Animation, die zeigt wie der Globus sich erhellt.

 

Die zwei Animationen in der Mitte und am Ende des Spots tragen den Slogan:

Klimawandel wirkt weltweit!

Dein Wandel fürs Klima auch!

 

Hinter dieser Idee stehen ein paar grundsätzliche Regeln, die bei der Ansprache von Modernen Performern beachtet werden sollten:

- Leichte Botschaft: Wenn man Moderne Performer als Zielgruppe anspricht, sollte die Botschaft nicht belehrend sein, sondern mehr in Form eines Vorschlages unterbreitet werden.

- Humor als Werkzeug: Humor hat sich als sehr gute Methode bewährt, wenn es darum geht, Botschaften für die Zielgruppe einprägsam zu machen.

- Kurz: Ein kurzer Spot hat größere Chancen bei den JMP anzukommen, deren genuines Interesse für entwicklungspolitische Themen eher gering ist. Bei einer langen Dokumentation wird ihre Aufmerksamkeit schnell abschweifen, weil sie an kurze Videoclips gewöhnt sind.

- Zur Verbreitung weiterer  Informationen können Facebook oder eine Website genutzt werden, die mit dem Spot verlinkt sind. In unserem Fall entschieden wir uns dafür, einen Facebook-Link in den Spot einzufügen, der bei Interesse an genaueren Informationen genutzt werden kann.

 

Schritt 4 – Einen Drehort suchen 

 

Der Drehort für unseren Spot musste ein Parkplatz mit Bäumen und einem großen Gebäude im Hintergrund (als Arbeitsplatz des Modernen Performers) sein. Bei der Suche hilft es, nachzudenken über Orte, die man kennt und die in Frage kommen könnten. Aber auch Microsoft Bing Maps ist sehr nützlich um nach Orten zu suchen, denn die Vogelperspektive zeigt sehr realitätsnah, wie Orte aussehen. Auch wir nutzten diese Option und konnten so weitere interessante Orte zu unserer Liste möglicher Dreh-Sets hinzufügen.

Nachdem wir einige persönlich besucht hatten, kontaktierten wir den Besitzer eines geeigneten Privatparkplatzes. Wir erhielten die Erlaubnis zum Dreh an einem Wochenende, wenn der Parkplatz leer ist.

 

Schritt 5 – Darsteller und Filmteam suchen

Die Suche nach einem Darsteller war in der Tat eine einfachere Aufgabe. Hier kann zurückgegriffen werden auf viele Webseiten (z.B. www.schauspieler-index.de), wo sich Schauspieler präsentieren und über eine Suchmaschine nach Genre sortiert gesucht werden kann (Comedy, Drama, etc.). Außerdem kann auch der Regisseur bei der Besetzung der Rollen helfen. In unserem Fall kam über den Regisseur ein Kontakt zu einem Schauspieler für die Rolle des Paul zustande. Auch das weitere Personal für das Filmteam wurde vom Regisseur organisiert, der dazu auf Studierende einer Medienakademie zurückgriff.

Das Filmteam für unseren Spot bestand aus etwa 10 Personen: Regisseur, Kameramann/-frau, TontechnikerIn und einige HelferInnen, um die Scheinwerfer, Kabel und Reflektoren zu transportieren und auszurichten. Ebenfalls wünschenswert ist einE Make-up-ArtistIn zum Schminken des Darstellers, so dass im Film kein Glanz auf seinem Gesicht zu sehen ist. Aus Budgetgründen übernahmen wir in unserem Falle die Maske selbst und halfen auch beim Transport des Filmequipments.

 

Schritt 6 – Logistik

Die Logistik umfasst alles, von den Requisiten, technischer Ausrüstung und Mieten von Lastwagen, bis hin zum Catering. In unserem Fall waren die Requisiten zwei Autos für den Spot, mit denen der Darsteller fahren konnte: eine große Limousine und ein Öko-Auto, die wir von Leihfirmen mieteten. Weiterhin liehen wir Autos von Freunden um diese auf dem Parkplatz zu platzieren, damit die Situation realistisch wirkte wie an einem gewöhnlichen Arbeitstag. Zudem benötigten wir mehrere Outfits für den Darsteller, da die Szenen an verschiedenen Tagen spielten. Diese liehen wir ebenfalls aus unserem persönlichen Umfeld.
Daneben ist ein gutes Catering wichtig, um die Stimmung an einem langen Drehtag gut zu halten. Dies selbst zu übernehmen statt eine Cateringfirma zu engagieren kann Geld sparen.

 

Einige Worte zu Marken und Produktplatzierung: Bei einem Filmdreh gibt es eventuell einige Produkte, die im Spot verwendet werden. Die spezifische Marke zu zeigen sollte vermieden werden, um keine Werbung zu betreiben. Dazu sollten Marken bzw. Beschriftungen komplett vermieden oder diese unkenntlich gemacht bzw. verborgen werden.

 

In unserem Fall mussten wir das Design der Autos ändern. Das Verdecken des Markenlogos hätte nicht gereicht, um sie für den Zuschauer unkenntlich zu machen. Wir kauften eine Menge Klebeband und veränderten die Form von Lampen, Fenstern, Vorderseite, Dach – alle Eigenschaften, die mit einer bestimmten Marke in Verbindung gebracht werden.

In our case, we had to change the design of the cars. Just hiding the logo would not have been enough to make them unrecognizable to the viewer. We bought a lot of  and changed the shape of lamps, windows, the front, the roof – everything that would identify the car with a certain brand.

 

Schritt 7 – Dispo schreiben

Dispo Paul vs. Baum

Eine Dispo ist der “Masterplan” für den Drehtag. Sie schafft einen Überblick über die benötigten Dinge und die Schritte des Drehtages. Die Dispo erarbeiteten wir in Zusammenarbeit mit dem Regisseur.

Elemente einer Dispo sind:

- Anwesenheitszeiten der Mitglieder des Filmteams: der Regisseur und die technischen Helfer kommen zuerst, dann der Darsteller und die Make-up-Crew, verschiedene Autobesitzer sollten später ankommen, das Cateringteam kommt zu Mittag etc.

- Ort des Drehs und Wegbeschreibungen

-  Wichtige Kontaktdaten zu verantwortlichen Personen, wie z.B. dem Regisseur

- Tagesplan, der festlegt wann welche Szenen gefilmt werden. Dazu Angaben zum Inhalt, benötigten Materialien und Personal (welche Mitglieder des Filmteams werden gebraucht)

Szenen eines Spots werden nicht notwendigerweise in der Reihenfolge gedreht, in der sie später gezeigt werden. In unserem Fall gibt es mehrere Szenen von Paul, wie er mit seinem Auto auf dem Parkplatz ankommt und aus dem Auto steigt. Alle Ankommens-Szenen wurden direkt nacheinander gedreht und alle Szenen, in denen er aus dem Auto steigt, wurden ebenfalls nacheinander gedreht. Auf diese Art musste die Crew die Kamera nur zweimal bewegen – einmal um aus der Totalen zu filmen, wie Paul ankommt und einmal für die Nahaufnahme, wie er aus dem Auto steigt. Sonst hätten wir die Kamera nach jeder Szene neu ausrichten müssen.

 

Schritt 8 – Der Drehtag

Der Drehtag begann an einem sonnigen Morgen um 9 Uhr auf einem Parkplatz vor einem großen Bürogebäude. Etwa die 15 HelferInnen (10 Studenten von der Medienakademie und KollegInnen von finep und DEAB) waren mit der Vorbereitung des Sets beschäftigt:

- Auffüllen der leeren Parkplätze mit Autos

- Aufbau der technischen Ausrüstung und des Stromanschlusses

- Vorbereitung der Autos mit dem Klebeband, um Automarken unkenntlich zu machen

- Ankleiden und Schminken des Darstellers, Anweisungen

- Vorbereiten des Catering

 

Selbst für einen kurzen Clip von nur 15 Sekunden kann der Dreh einen ganzen Tag beanspruchen. Nicht nur weil Szenen mehrere Male wiederholt werden, sondern auch weil beim Dreh mit professioneller Ausrüstung bei Szenenwechsel eine Menge Material abgebaut, bewegt und wieder aufgebaut werden muss. Unser Drehtag ging schlussendlich 10 Stunden. Deshalb ist es ratsam früher anzufangen um einen zeitlichen Puffer zu haben, falls etwas länger dauert als geplant.

Was es noch für den Dreh zu beachten gilt:

- Licht: Licht ist wichtig und Scheinwerfer sind außerdem sehr teuer. Deshalb ist es ratsam einen sonnigen, wolkenlosen Tag und einen Ort mit genügend natürlichem Licht zu wählen, um diese Kosten zu sparen.

- Kontinuität: Kontinuität betrifft das Licht aber auch die Kleidung im Spot. Wir müssen uns überlegen, welche Szenen in der Geschichte zu welcher Tageszeit spielen. Alle Szenen, die für den Morgen geschrieben wurden, sollten auch im Morgenlicht gedreht werden, weil die Veränderung des Sonnenlichts und Schatten im Spot sichtbar sind. Auch sollte auf die Kleidung und die Platzierung von Requisiten geachtet werden. In unserem Falle sollte Paul nicht an ‚verschiedenen Tagen’ die gleiche Kleidung tragen und ebenfalls sollten die Autos im Hintergrund verschieden angeordnet werden. Dies sind nur kleine Dinge, die jedoch den Gesamteindruck ausmachen.

 

Schritt 9 - Schnitt

Das Schneiden des Films sollte in Zusammenarbeit zwischen Regisseur, Kameramann und Auftraggebenden stattfinden. Ein Austausch zwischen allen Parteien ist nötig vor der endgültigen Fertigstellung des finalen Schnitts. Das fertige Filmmaterial in möglichst verschiedenen Formaten zu erstellt, wie avi, mpeg, mov und xvid, hilft später bei der Verbreitung über viele unterschiedliche Kanäle.

 

 

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